Agri-PV auf Dauergrünland
Standort: Aulendorf, Eberhardzell, Epfendorf, Löfflingen und Rottweil
Kultur: extensiv und intensiv bewirtschaftetes Dauergrünland (Wiesen und Weiden)
Anlagen: Aulendorf, Freiflächenanlage (Referenzanlage), Eberhardzell, nachgeführte Anlage mit opaken PV-Modulen, Epfendorf, vertikale Anlage, Löffingen, hoch aufgeständerte statische Anlage, Rottweil, vertikale Anlage
0,15 - 11 ha
Verfügbare
Flächengröße
0,1 - 4,3 MWp
Installierte
Leistung
grasland
Kultur

Duale Hochschule Baden-Württemberg und Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg

Agrarwissenschaftliche Forschung

Aulendorf, Freiflächenanlage (Referenzanlage)

Koordinaten: -

Eberhardzell, nachgeführte Anlage mit opaken PV-Modulen

Koordinaten: -

Epfendorf, vertikale Anlage

Koordinaten: -

Löffingen, hoch aufgeständerte statische Anlage

Koordinaten: -

Rottweil, vertikale Anlage

Koordinaten: -

Alle Informationen rund um das Teilprojekt

Grünlandnutzung in Deutschland

Im Jahr 2024 bewirtschafteten deutsche Landwirte 4,7 Millionen Hektar Dauergrünland, das entspricht rund 28 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland. Im Ländle liegt der Anteil mit fast 40 Prozent (rund 623.000 Hektar im Jahr 2022) deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Als Dauergrünland gelten Flächen, die mindestens fünf Jahre in Folge oder länger ohne Unterbrechung durch andere Kulturen als Wiesen oder Weiden genutzt werden. Die Bewirtschaftung von Grünland dient in erster Linie der Futtergewinnung für die Tierhaltung, insbesondere für Milch- und Fleischrinder. Aufgrund der seit Jahrzehnten rückläufigen Tierzahlen, wird jedoch immer mehr Grünlandfläche nicht mehr für die Tierhaltung benötigt. Überschüssiges Grünland kann jedoch auch als Gärsubstrat zur Biogasproduktion genutzt werden.

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Als Dauergrünland gelten Flächen, die seit fünf Jahren ununterbrochen als Wiesen oder Weiden genutzt werden. © Uniboa/Unsplash

Bei der Grünlandbewirtschaftung wird zwischen intensiver und extensiver Nutzung unterschieden. Welche Nutzungsform gewählt wird, hängt vom jeweiligen Betrieb ab - insbesondere von seiner Lage, der verfügbaren Grünlandfläche und dem Futterbedarf. Bei hoher Nutzungsintensität dominieren ertragreiche, aber artenarme Grünlandbestände, die hochwertiges Grundfutter liefern. Solche Flächen werden mehrmals im Jahr gemäht und entsprechend stark gedüngt, um den Nährstoffentzug auszugleichen. Typische Pflanzenarten des sogenannten Wirtschaftsgrünlands sind z.b. das Deutsche Weidelgras (Lolium perenne), der Weißklee (Trifolium repens) und die Wiesen-Rispe (Poa pratensis).

Der Pflanzenbestand von Extensivgrünland ist im Vergleich deutlich artenreicher. Bei zwei bis drei Schnitten pro Jahr wird ein mittleres Ertragsniveau erreicht, so dass weniger gedüngt werden muss, das Futter aber eine geringere Qualität, z.B. einen geringeren Energiegehalt, aufweist. Durch die späte Mahd oder eine eingeschränkte Beweidung haben viele Pflanzen die Möglichkeit zu blühen, sodass auch seltene Pflanzenarten vorkommen können. Dadurch entstehen wertvolle Lebensräume für zahlreiche Insekten wie Schmetterlinge, Wildbienen und Käfer sowie für seltene Vogelarten, z.B. der Wiesenpieper. Die Glatthaferwiese (Arrhenatheretum elatioris) ist dabei die häufigste und bedeutendste Pflanzengesellschaft des extensiven Grünlands in Mitteleuropa.

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Extensivgrünland ist weniger ertragreich, dafür aber artenreicher als intensiv genutztes Grünland. © Wirestock/freepik

Je nach Zeitpunkt der Mahd wird die Qualität des Grünschnitts unterschiedlich sein. Im jungen Aufwuchs ist der Rohfasergehalt geringer, während der Gehalt an Energie, Rohprotein und Mineralstoffen höher ist. Dementsprechend ist auch die Verdaulichkeit des jungen Aufwuchses höher. Wird dagegen später gemäht, kann zwar je Schnitt mehr Trockenmasse geerntet werden, aber der Rohprotein- und Energiegehalt ist geringer und der Futterwert sinkt.

Um die Qualität des Grünschnitts für die Wintermonate zu erhalten, sind geeignete Konservierungsmethoden erforderlich. Eine Möglichkeit ist die Herstellung von Heu, bei der das Schnittgut durch Trocknung haltbar gemacht wird. Alternativ kann das Futter durch Silierung konserviert werden. Dabei sorgen anaerobe, also sauerstofffreie, mikrobielle Prozesse dafür, dass das Schnittgut haltbar bleibt.

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Vom Schnitt zur Silage: So entsteht qualitativ wertvolles Futter. © S. Solcan & E. Baxter/Unsplash

Wichtige Arten im Überblick

Auf dem deutschen Grünland wachsen überwiegend Gräser und Leguminosen, ergänzt durch verschiedene Kräuter. Einige der bedeutsamsten Arten im Wirtschaftsgrünland sind:

  • Deutsches Weidelgras (Lolium perenne): Sehr ertragreich, konkurrenzstark, schnell keimend und regenerationsfähig. Es ist die bedeutendste Grasart im Wirtschaftsgrünland und liefert hochwertiges, energiereiches Futter. Die Art ist lichtbedürftig und wenig schattentolerant.
  • Wiesen-Knäuelgras (Dactylis glomerata): Ertragsstark, schnittverträglich, relativ trockenheits- und schattentolerant. Liefert gutes Futter auch bei weniger günstigen Bedingungen.
  • Wiesenrispe (Poa pratensis): Robust, ausdauernd, trittfest und relativ schattentolerant, daher oft in Weiden und auf feuchteren Flächen zu finden.
  • Weißklee (Trifolium repens): Die wichtigste Leguminose im Grünland, sehr ausdauernd, tritt- und schnittverträglich, hoher Proteingehalt (> 20 Prozent). Lichtbedürftig, profitiert von intensiver Nutzung bei geringer Stickstoffverfügbarkeit.
  • Rotklee (Trifolium pratense): Ebenfalls proteinreich (> 20 Prozent), weniger ausdauernd als Weißklee, aber trockenheitstolerant und besonders für moderate Schnittnutzung geeignet.
  • Löwenzahn (Taraxacum officinale): Sehr anpassungsfähige, konkurrenzstarke Samenunkraut mit hoher Samenproduktion, Problempflanze im Grünland, geringer bis mittlerer Futterwert.
  • Spitzwegerich (Plantago lanceolata): Tritt- und schnittverträglich, trockenheitsresistent, daher häufig auf intensiv genutzten Wiesen und Weiden. Mittlerer Futterwert, wird von Weidetieren gerne gefressen. Zeiger für nährstoffreiche, mäßig trockene Standorte.

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Rotklee, ein proteinreiches Futtermittel. © L. Hine/Unsplash

Herausforderungen durch den Klimawandel

Trockenheit stellt eine der größten Herausforderungen für das Grünland in Deutschland dar. Durch steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster kommt es besonders im Frühjahr und Sommer immer häufiger zu längeren Trockenperioden. Diese führen dazu, dass weniger Wasser im Boden gespeichert wird, während gleichzeitig der Wasserbedarf der Pflanzen und die Bodenverdunstung infolge hoher Temperaturen zunehmen.

Pflanzen haben für Trockenperioden eine wichtige Strategie entwickelt: Sie können den Wasserverlust über die Blätter (Transpiration) regulieren, indem sie die Spaltöffnungen auf der Blattunterseite schließen. Doch damit stehen die Pflanzen vor einer Herausforderung. Denn um weiterhin Kohlenstoffdioxid (CO2) für die Photosynthese aufnehmen zu können, müssen die Spaltöffnungen zumindest teilweise geöffnet bleiben, wodurch weiterhin Wasserdampf aus der Pflanze entweicht. Vollständig geschlossene Spaltöffnungen würden die Photosynthese und damit das Pflanzenwachstum zum Erliegen bringen. Deshalb schließen sich die Spaltöffnungen bei Trockenheit meist nur so weit wie unbedingt nötig.

Spaltöffnungen
Die feinen Regler des Pflanzenstoffwechsels – Spaltöffnungen unter der Lupe. Erstellt in Biorender.com

Sind die Spaltöffnungen geschlossen, nehmen Pflanzen weniger Wasser über die Wurzeln auf. Denn durch den verringerten Wasserverlust an den Blättern ist auch der Unterdruck, der Wasser aus dem Boden über die Wurzeln nach oben zieht (Transpirationssog), abgeschwächt. In der Folge werden weniger Nährstoffe aufgenommen, was die Produktion von hochwertigem Futter weiter mindert. Selbst zusätzliche Düngung bringt unter diesen Bedingungen nicht den gewünschten Effekt, da die Nährstoffe im trockenen Boden für die Pflanzen nicht ausreichend verfügbar sind. Des Weiteren findet in der Pflanze kein Wachstum statt, da das Wasser fehlt. Zunehmend höherer Temperaturen wirken sich auch auf die Weidetiere aus. Hitzestress, der bereits bei 21 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent auftritt, kann die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistung von Rindern beeinträchtigen.

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Hitzestress bedroht die Gesundheit von weidenden Tieren. © Wirestock/freepik

Grünlandböden sind wichtige Kohlenstoffspeicher und können bis zu 200 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar speichern. Das liegt vor allem daran, dass sie große Mengen an Humus enthalten. Humus entsteht durch mikrobiellen Auf- und Abbau aus abgestorbenen Pflanzenresten, zum Beispiel Wurzeln, die nach der Ernte im Boden verbleiben. Trocknet der Boden jedoch zunehmend aus, nimmt die Fähigkeit des Grünlands, Kohlenstoff zu speichern, ab. Höhere Temperaturen beschleunigen sogar den Abbau organischer Substanz.

Grünland-PV

Die Errichtung großflächiger Solarparks, auch PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) genannt, stößt immer wieder auf Kritik. Denn obwohl die Anlagen vorrangig auf ertragsschwachen und benachteiligten landwirtschaftlichen Flächen ausgewiesen werden, entstehen sie in der Praxis auch auf hochwertigen Acker- oder Grünlandflächen womit diese Flächen aus der Produktion herausfallen. Bei der Agri-PV ist eine Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen nach Errichtung der Anlage weiterhin möglich, weshalb diese Technologie zunehmend auch für Grünland in den Fokus rückt. Die PV-Module werden in einem größeren Abstand (z.B. 10 Meter) zueinander angeordnet und ggf. auf einer Unterkonstruktion von ca. zwei Metern oder mehr montiert. So erhalten die Grünlandpflanzen zwischen und unter den PV-Modulen weiterhin ausreichend Licht, Wasser und Nährstoffe für das Wachstum und eine Bewirtschaftung und Ernte ist weiterhin möglich.

Eberhardzell
Nachgeführte Anlage mit opaken PV-Modulen. © J. Nachtsheim/DHBW

Allerdings sind noch viele Fragen zu den Auswirkungen für die Praxis offen. Es ist unklar inwieweit sich der Schattenwurf der Anlage und die veränderte Verteilung des Niederschlags sowie der Temperatur auf den Pflanzenbestand im Grünland auswirkt. Da bei Agri-PV die Landwirtschaft die Hauptnutzung und die Solarstromproduktion die Sekundärnutzung ist, muss geklärt werden, inwieweit die Pflanzenbestände durch die PV-Module beeinflusst werden. Genau mit dieser Fragestellung beschäftigt sich ein Teilprojekt der »Modellregion Agri-PV BW«, das von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Ravensburg und dem Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) durchgeführt wird. Im Rahmen des Teilprojekts »Agri-PV auf Dauergrünland« werden an vier Agri-PV-Anlagen und einer PV-FFA (Referenzanlage) folgende Aspekte untersucht:

  • Einfluss der Agri-PV-Anlage auf die Bewirtschaftung (mittels eines Fragebogens):

→ Evaluierung des zusätzlichen Aufwandes für die Pflegemaßnahmen in den PV-Reihen

→ Evaluierung von möglichen Problemen oder Hindernissen bei der Bewirtschaftung von Agri-PV-Anlagen

→ Beobachtung des Tierverhaltens auf der Weide

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Vertikale Agri-PV-Anlage mit bifazialen PV-Modulen. © J. Nachtsheim/DHBW

  • Ertrag und Qualität der Aufwüchse

→ Beprobung an verschiedenen Stellen auf der Fläche mit PV-Modulen, sowie der Kontrollfläche, um den Einfluss der Beschattung zu untersuchen

→ Evaluierung der Futterverschmutzung und Narbenschäden/Lückenanteil

→ Futterqualitätsparameter (Rohprotein, Rohasche, Rohfett, saure Detergentien-Faser, Umsetzbare Energie, Netto-Energie-Laktation)

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Statische, hoch aufgeständerte Anlage. © J. Nachtsheim/DHBW

  • Botanische Zusammensetzung und Biodiversität

→ Erhebung zu den Ertragsanteilen (Klee/Gras/Kraut) an unterschiedlichen Stellen innerhalb und außerhalb der Anlage

→ Erhebung des Einflusses auf die Biodiversität durch die extensive Bewirtschaftung der Streifen im Bereich der Modulreihen

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Vertikale Anlage mit bifazialen PV-Modulen. © J. Nachtsheim/DHBW

  • Mikroklima

→ Monitoring relevanter Parameter für das Pflanzenwachstum: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Bodenfeuchte, Bodentemperatur, photosynthetisch aktive Strahlung

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Monitoring-System zwischen den Modulreihen. © J. Nachtsheim/DHBW

Die Erkenntnisse des Projekts sollen dazu beitragen, Empfehlungen für den Technikeinsatz und die Bewirtschaftung zu entwickeln und das Wissen in die landwirtschaftliche Praxis zu übertragen.

Technische Besonderheiten

Um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten, werden verschiedene Anlagenkonzepte an unterschiedlichen Standorten mit verschiedenen Grünlandtypen und Bewirtschaftungsformen untersucht.

  • Drei der vier Agri-PV-Anlagen werden extensiv, eine intensiv bewirtschaftet.
  • Zwei Standorte werden mit Rindern beweidet.
  • Eine PV-FFA in Aulendorf mit fest installierten PV-Modulen in Süd-Ausrichtung wurde als Referenzanlage genommen. Der Reihenabstand (4,93 Meter) ist der kleinste der fünf Anlagen. Die Fläche wird zusätzlich mit Schafen beweidet.
  • Zwei senkrecht aufgeständerte Agri-PV-Anlagen mit bifazialen PV-Modulen (Rottweil und Epfendorf)
  • Zwei nachgeführte Agri-PV-Anlagen -1p (Eberhardzell) und 2p (Schlier, nur bis 2024)-
  • Eine statische, hoch aufgeständerte PV-Anlage mit Beweidung in Löffingen (ab 2025)

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Referenzanlage mit Schafbeweidung. © J. Nachtsheim/DHBW

Die Agri-PV-Anlagen im Projekt wurden durch den jeweiligen Landwirt oder Investor errichtet und betrieben.

Ansprechperson
für den Standort
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Janine Nachtsheim
janine.nachtsheim2@lazbw.bwl.de

Projektpartner