Ein Baustein der Energiewende

Agri-Photovoltaik (Agri-PV) könnte in Zukunft die Flächenkonkurrenz durch eine doppelte Nutzung der Flächen entschärfen: Wo landwirtschaftliche Produkte erzeugt werden, können PV-Module gleichzeitig Strom produzieren. Um diese Technologie umfassend zu erforschen und den Markthochlauf zu begleiten, bedarf es einer Vielzahl von Fachexpertisen. Das System Agri-PV ist per Definition komplex und interdisziplinär, so spielen bei der Auslegung von Agri-PV-Anlagen nicht nur technische, sondern auch hydrologische und agronomische Aspekte eine Rolle.

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Die »Modellregion Agri-PV BW« stellt sich vor

Auf einen Blick

Die erste Umsetzungsphase der »Modellregion Agri-PV Baden-Württemberg« verfolgt das Ziel den Ausbau der Agri-PV-Technologie in Baden-Württemberg voranzutreiben. In Zusammenarbeit mit 13 Projektpartnern, darunter das Fraunhofer ISE, soll der Forschungsschwerpunkt in der ersten Umsetzungsphase vor allem auf Kern- und Beerenobst liegen. An insgesamt fünf Standorten in Baden-Württemberg werden Agri-PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von bis zu 1.700 kWp errichtet.

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Pilotanlagen der ersten Umsetzungsphase des Projekts. © Fraunhofer ISE

2022 wurden die Anlagen in Kressbronn und Bavendorf, 2023 die Anlagen in Oberkirch-Nußbach und Heuchlingen erfolgreich installiert. Um die Projekte zu vernetzen und Synergien zu nutzen, wurde ein Rahmenprogramm ins Leben gerufen, das gemeinsam von der Hochschule Kehl und dem Fraunhofer ISE geleitet wird.

Das Programm befasst sich unter anderem mit Fragen zur Umsetzungsmöglichkeit an anderen Standorten, verschiedenen Forschungsschwerpunkten wie kulturspezifischer Anlagenauslegung und einer differenzierteren Konzeption des rechtlichen Rahmens. Die landwirtschaftlichen Untersuchungen werden vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ Augustenberg), dem Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) und der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) durchgeführt. Das Projekt wird von dem Landesministerien für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert.

Projektziele

Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es, offene Fragen zur doppelten Nutzung von Flächen für Landwirtschaft und Solarstromerzeugung zu beantworten. Mit der Entwicklung von Pilotanlagen an fünf unterschiedlichen Standorten mit verschiedenen Obst- und Beeren-Kulturen wird die Machbarkeit verschiedener vielversprechender Anwendungsbereiche und Technologien untersucht und Auslegungsvarianten erforscht.

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Agri-PV-Anlage in Kressbronn am Bodensee. ©Obsthof Bernhard

Weitere Ziele

  • Bildung von Synergien zwischen den einzelnen Standorten
  • Untersuchung vielversprechender Anwendungsbereiche und Technologien sowie Auslegungsvarianten
  • Untersuchung der Effekte variierender Beschattungsregime auf das Wachstum und die Ökophysiologie der Kulturpflanzen
  • Forschung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteleinsätze auf die PV-Module und die Unterkonstruktionen
  • Erstellung von Handbüchern für die landwirtschaftliche Praxis und für die Genehmigungsbehörden

Ursprungsidee

Die baden-württembergische Landesregierung hat sich als Ziel gesetzt, die Agri-PV als flächeneffiziente Landnutzungsform fest zu etablieren und das Potenzial vor allem im Bereich der Sonderkulturen gezielt zu fördern. Um dies zu erreichen, möchte die Landesregierung den Bau weiterer Pilotanlagen unterstützen.

Um Möglichkeiten der Förderung von Pilotanlagen zu evaluieren, hat das Land Ende 2020 das Fraunhofer ISE beauftragt, zusammen mit den fünf landwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen – dem Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee Bavendorf (KOB), dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ), dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg (WBI), der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) und der Universität Hohenheim (UHO) – eine Machbarkeitsstudie zur Ermittlung möglicher Forschung- und Demonstrationsfelder für Agri-PV in Baden-Württemberg durchzuführen.

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Standorte der großen »Modellregion Agri-PV BW«. ©Fraunhofer ISE

Die Ergebnisse dieser Studie wurden Ende Juli 2021 vorgelegt, und beziehen sich auf elf Standorte, die hinsichtlich raumplanerischer, landwirtschaftlicher und technischer Aspekte geprüft und der Finanzierungsmöglichkeiten evaluiert worden sind. Dabei wurden die für eine Markteinführung der Agri-PV relevantesten und vielversprechendsten landwirtschaftlichen Anwendungen sowie geeignete PV-Technologien identifiziert und konkretisiert.

In der ersten Umsetzungsphase des Projekts »Modellregion Agri-PV BW« werden bis 2024 fünf dieser Anlagen geplant, gebaut und beforscht.

Motivation dahinter

Der rasant fortschreitende Klimawandel ist die vielleicht größte Herausforderung, vor der die Menschheit je stand. Früher noch als abstrakte Zukunftsvision abgetan, stehen uns die katastrophalen Auswirkungen der globalen Erderwärmung heute schmerzlich vor Augen. Das Land Baden-Württemberg hat diese existenzielle Gefahr erkannt und betreibt eine Reihe ambitionierter Maßnahmen, um die auf Bundesebene beschlossene Energiewende voranzutreiben. Doch insbesondere für ein flächenmäßig relativ kleines Land, wie Deutschland, birgt dieses wichtige Vorhaben auch Herausforderungen. Erneuerbare Energiegewinnung durch Solarmodule nimmt viel Raum ein und so konkurriert die Energieindustrie schon heute mit der Landwirtschaft um verfügbare Flächen.

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Jährliche Mitteltemperaturen für Deutschland von 1881 bis 2018. © Ed Hawkins/ showyourstripes

Unser Lösungsansatz

Wenn es zu wenig Platz gibt, bleibt nur eine Möglichkeit: Wir müssen die Flächen, die uns zur Verfügung stehen, effizienter nutzen. Agri-PV-Anlagen werden so auf einer Nutzfläche errichtet, dass der landwirtschaftliche Betrieb weiterhin möglich bleibt. Das kann etwa durch die Aufständerung der PV-Module auf mehreren Metern Höhe geschehen. Erntemaschinen können dann weiter genutzt werden, indem sie einfach unter den Systemen hindurchfahren. Auf diese Weise schließen Energie- und Lebensmittelerzeugung einander nicht mehr aus, sondern gehen im Gegenteil Hand in Hand.

Unsere Erkenntnisse bis jetzt

Potenziale im Anbau von Sonderkulturen

Als Sonderkulturen werden in der Landwirtschaft Kulturen bezeichnet, die als besonders arbeits- und kapitalintensiv gelten. Dazu zählen neben Obst, Gemüse und Reben der Anbau von Blumen- und Zierpflanzen, Baumschulgewächsen sowie Hopfen, Tabak und Champignons. Mit diesen Produkten werden relativ hohe Produktionswerte auf im Vergleich zum Ackerbau relativ kleinen Flächen, erzielt (Thalheimer, 2018).

Sonderkulturen
Baden-Württemberg - Land der Sonderkulturen ©Unsplash

Eine Agri-PV-Anlage ist eine Schutzkonstruktion, wie sie in ähnlicher Form bereits seit Jahrzehnten als Hagelschutznetzen und Folienüberdachung im Erwerbsgartenbau Standard sind, um Kulturen vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen. Die Installation von PV-Modulen führt neben der Energiegewinnung zu einer Verbesserung der Kulturbedingungen in Bezug auf folgende Parameter:

  • Hagelschutz
  • Sonnenschutz
  • Verdunstungsschutz
  • Frostschutz
  • Regenschutz
  • Dauerhafter und langlebiger Schutz

Weitere Informationen finden Sie unter: Stellungnahme zur Schutzfunktion der Agri-PV


Referenzen

Thalheimer, F. (2018). Baden-Württemberg: Land der Sonderkulturen. Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg

Fakten zur Stromproduktion

Die auf die Erde eintreffende Sonnenenergie kann mittels Photovoltaik (PV) in elektrischen Strom umgewandelt werden. Im Jahr 2022 haben PV-Anlagen 14,4 % der Bruttostromerzeugung in Baden-Württemberg erreicht, dafür hat ein gutes Strahlungsjahr gesorgt, sowie ein erneuter Zuwachs beim Bruttozubau auf 800 MW (2021: 620 MW).

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen gebäudegebundenen Photovoltaikanlagen (z.B. auf Dächern und Fassaden) und Freiflächenanlagen. Agri-PV gehört hierbei zur zweiten Kategorie.

PV-Leistung

Für die Besitzer*innen einer Agri-PV-Anlage sind die Leistung der Agri-PV-Module und die Strommenge, die sie jährlich produzieren können besonders wichtig:

  • Die Nennleistung eines PV-Moduls gibt die maximale Leistung an, die ein Modul erbringen kann und wird in Watt-Peak (Wp) angegeben.
  • Der Nennwirkungsgrad (η) eines PV-Moduls gibt das Verhältnis von abgegebener elektrischer Leistung zur eingestrahlten Leistung auf die PV-Modulfläche an. Dieser wird in Prozent angegeben.

Beide Größen werden unter Normbedingungen (engl. »STC«, standard test conditions) gemessen: senkrechte Sonneneinstrahlung (1000 W/m2), Modultemperatur von 25°C und das Lichtspektrum AM 1,5. Diese optimalen Bedingungen weichen im realen Betrieb oft deutlich davon ab, so dass der Nennwirkungsgrad häufig unterschritten wird und die tatsächlich erzeugte Strommenge geringer ausfällt.

Während eine hohe Sonneneinstrahlung für den Ertrag von PV-Anlagen gut ist, wirken sich lange Hitzeperioden negativ aus. Es gilt: mit steigender Umgebungs- und damit auch Modultemperatur sinkt die Leistung der PV-Module.

  • Der Temperaturkoeffizient (α) eines PV-Moduls gibt in %/°C an, wie stark sich die Leistung verringert, wenn die Umgebungstemperatur um ein Grad Celsius oberhalb 25°C erhöht wird.

Am Beispiel der semitransparenten PV-Modulen, die in Kressbronn installiert wurden:

→ Laut Datenblatt beträgt der Temperaturkoeffizient bei maximaler Leistung (TC Pmpp) -0,40%/°C.

→ Erwärmt sich das 260 Watt-Modul mit einem Temperaturkoeffizient von -0,40%/°C von 25°C auf 26°C, reduziert sich die maximale Modulleistung um 1,04 Watt.

→ Bei einem Temperaturanstieg auf 60°C, sind es 36,4 Watt. Die maximale Modulleistung liegt dann nur noch bei 223,6 Watt.

Effekt der Pflanzen auf die PV-Module

In einem Agri-PV-System können die Pflanzen durch die kühlende Wirkung der Evapotranspiration (ET) die Lufttemperatur und Modultemperatur sinken. Dadurch kann die Leistung der PV-Module erhöht werden.

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Veränderung des Energieaustausches zur Mittagszeit in einem PV-System ohne Vegetation (links) und einem Agri-PV-System (rechts) (Barron-Gafford et al. 2019).

→ In PV-Systemen ohne Vegetation (links) ist der latente Wärmeverbrauch (ET, hellblaue Pfeile) geringer als in natürlichen Ökosystemen. Dagegen ist die fühlbare Wärme (rote Pfeile) höher. Dies führt zu höheren lokalen Temperaturen.

→ In Agri-PV-Systemen (rechts), in denen Pflanzen unter den PV-Modulen angebaut werden, sind latenten Wärmeströme (ET, hellblaue Pfeile) wiederhergestellt und der Verlust fühlbarer Wärme (rote Pfeile) an die Atmosphäre reduziert.

PV-Module

Im Projekt »Modellregion Agri-PV BW« sind drei verschiedene Modultypen vertreten.

  1. Monofazial: Dieser Modultyp hat mit ca. 95 % nach wie vor den größten Marktanteil weltweit. Monofaziale PV-Module können monokristallin (effizienter, höhere Erträge) oder polykristallin (preisgünstiger) sein. → Obsthof Vollmer
  2. Bifazial: Solche PV-Module können zusätzlich das Licht, das auf der Rückseite eintrifft, zur Stromerzeugung nutzen. Je nach Rückseitenstrahlung kann der Stromertrag um bis zu 25% gegenüber monofaziale PV-Module gesteigert werden. → LTZ Augustenberg
  3. Semitransparent: Bei dieser Art von PV-Modulen sind die Abstände zwischen den Solarzellen unterschiedlich groß, so dass die Sonnenstrahlung weitgehend durchgelassen wird und somit die darunterliegenden Pflanzen erreicht. Dabei wird die stromproduzierende Fläche des PV-Moduls verringert. → Obsthof Bernhard, KOB und LVWO

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Grundsätzlich lassen sich alle Typen von PV-Modulen für Agri-PV nutzen. ©Fraunhofer ISE


Referenzen

Barron-Gafford, G.A. et al. (2019). Agrivoltaics provide mutual benefits across the food–energy–water nexus in drylands. Nature Sustainability.

Mertens, K. (2022). Photovoltaik: Lehrbuch zu Grundlagen, Technologie und Praxis. Hanser.

Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (2023). Erneuerbare Energien in Baden-Württemberg 2022. UM BW.

Panasonic Solar (2020). Temperaturkoeffizient von Solarmodulen gewinnt bei der Kaufentscheidung an Bedeutung. pv magazine.

Teng, JWC. et al. (2022). Effects of Agrivoltaic Systems on the Surrounding Rooftop Microclimate. Sustainability.

Wirth, H. (2023). Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland. Fraunhofer ISE.

GAPDZ 2022 & EEG 2023

GAP-Direktzahlungen-Verordnung (GAPDZV) - Januar 2022

Gemäß §12 GAPDZV vom 24.01.2022 sind 85% der landwirtschaftlichen Fläche, auf der eine Agri-PV-Anlage errichtet ist, weiterhin förderfähig, solange:

  • Eine Bearbeitung der Fläche unter Einsatz üblicher landwirtschaftlicher Methoden, Maschinen und Geräte nicht ausgeschlossen ist.
  • Die Agri-PV-Anlage die landwirtschaftlich nutzbare Fläche um höchstens 15% verringert (Zugrundelegung der DIN SPEC 91434:2021-05).

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023

Das reformierte EEG ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Nach diesem Gesetz, das die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien festlegt, sind Agri-PV-Anlagen grundsätzlich auf allen Acker-, Dauerkultur- und Grünlandflächen förderfähig (ausgenommen Moorböden und Naturschutzgebiete).

  • Anlagen mit weniger als 1 MW Nennleistung (6 MW im Falle von Bürgerenergiegesellschaften) sind von der Ausschreibungspflicht befreit (§ 22 Abs. 3 EEG 2023)
  • Agri-PV-Anlagen mit einer lichten Höhe von mindestens 2,10 Metern bekommen einen Technologie-Bonus auf den anzulegenden Wert (§ 38 b Abs. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 EEG 2023):

→ bei Zuschlag im Jahr 2023 i.H.v. 1,2 ct/kWh

→ bei Zuschlag im Jahr 2024 i.H.v. 1,0 ct/kWh

→ bei Zuschlag im Jahr 2025 i.H.v. 0,7 ct/kWh und

→ bei Zuschlag im Jahr 2026 bis 2028 i.H.v. 0,5 ct/kWh


Referenzen

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2022). Verordnung zur Durchführung der GAP-Direktzahlungen. BMEL.

§ 22 Wettbewerbliche Ermittlung der Marktprämie EEG 2023

§ 38 Zahlungsberechtigung für Solaranlagen des ersten Segments EEG 2023

§ 48 Solare Strahlungsenergie EEG 2023

Baurechtliche Privilegierung

Seit dem Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften (BGBl. 2023 I Nr. 176 verabschiedet am 15. Juni 2023) zählen Agri-PV-Anlagen zu den privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB. Sobald die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind, ist die Errichtung einer Agri-PV-Anlage im Außenbereich zulässig. Die Privilegierung befreit jedoch nicht von einer Baugenehmigung.

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Nachgeführte Teilanlage am KOB. © KOB

Gemäß dem neuen Privilegierungstatbestand von § 35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB ist der Bau einer Agri-PV-Anlage im Außenbereich unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Dem Fehlen entgegenstehender öffentlicher Belange;
  • Ausreichende Erschließung;
  • Nutzung solarer Strahlungsenergie durch eine besondere Solaranlage:

→ Auf Ackerflächen bei gleichzeitiger Nutzpflanzenanbau auf derselbe Fläche solange sie kein Moorboden sind und nicht rechtsverbindlich als Naturschutzgebiet oder als Nationalpark festgesetzt worden sind;

→ Auf Flächen mit gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung in Form eines Anbaus von Dauerkulturen oder mehrjährigen Kulturen auf derselben Fläche solange sie kein Moorboden sind und nicht rechtsverbindlich als Naturschutzgebiet oder als Nationalpark festgesetzt worden sind;

→ Auf Grünland bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung als Dauergrünland solange die Fläche nicht rechtsverbindlich als Naturschutzgebiet oder Nationalpark festgesetzt worden sind oder in einem Natura 2000-Gebiet liegen und kein Lebensraumtyp sind der in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt ist.

  • Räumlichen-funktionaler Zusammenhang zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder zu einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BauGB;
  • Maximalgröße von 2,5 Hektar (25 000 Quadratmeter);
  • Nur eine Anlage pro Hofstelle oder Betriebsstandort;

Sollten die Anforderungen des § 35 Abs. 1 Nr. 9 nicht alle erfüllt werden können bzw. die Anlage sich entlang einer Autobahn oder Schienenweg befinden oder einen Forschungszweck verfolgen, ist zu prüfen, ob auf die Privilegierung auf § 35 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 8b BauGB gestützt werden kann oder § 35 Abs. 2 BauGB anwendbar ist. Sind die Voraussetzungen der Privilegierungstatbestände oder des Absatzes 2 nicht erfüllt, ist ein Bebauungsplan notwendig.

Weitere Informationen finden Sie unter: Baurechtliche und finanzielle Aspekte von Agri-PV-Anlagen


Referenzen

Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften BGBl I

35 Bauen im Außenbereich BauGB

Agri-PV-Geschäftsmodelle

An der Realisierung einer Agri-PV-Anlage können je nach Geschäftsmodell mehrere Akteure beteiligt sein. Im Gegensatz zu PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA) sind die Geschäftsmodelle bei Agri-PV oft komplexer. Dies liegt an der Einbindung der landwirtschaftlichen Ebene. Im Idealfall liegen Anlagen- und Flächeneigentum, Anlagenbetrieb und Flächenbewirtschaftung in einer Hand.

Dabei lassen sich mindestens vier Bereiche unterscheiden (Trommsdorff et al. 2022):

  1. Bereitstellung der Fläche (Eigentümerschaft)
  2. Landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Fläche
  3. Bereitstellung des PV-Systems (Eigentümerschaft/Investment)
  4. Betrieb des PV-Systems
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Konstellationen verschiedener Agri-PV-Geschäftsmodelle (in Anlehnung an Schindele et. al. 2019) © Fraunhofer ISE

Basisfall »Alles aus einer Hand«

Im einfachsten Geschäftsmodell können alle vier Bereiche von einem Akteur übernommen werden – typischerweise durch einen landwirtschaftlichen Betrieb. Dieses Modell ist vor allem bei kleineren und hofnahen Agri-PV-Systemen zu erwarten. Denn hier sind diejenigen, die die landwirtschaftliche Fläche bewirtschaften, oft auch ihre Eigentümerinnen und Eigentümer und der Investitionsaufwand könnte überschaubar sein.

Externes Landeigentum

In vielen Fällen wird sich die Fläche jedoch nicht im Eigentum des landwirtschaftlichen Betriebs befinden. Darauf weist der hohe Pachtanteil in Deutschland vor allem in den neuen Bundesländern hin. Wenn zumindest die übrigen drei Verantwortlichkeiten bei dem Landwirtschaftsbetrieb gebündelt sind, kommen diesem auch in dieser Konstellation Synergieeffekte zugute. Wie bei PV-FFA-Projekten sind daher langfristige Verträge, üblicherweise über 20 Jahre, zur Landpacht und -nutzung notwendig.

Externes PV-Investment

Bei größeren Agri-PV-Systemen dürfte auch die Eigentümerschaft des PV-Systems seltener sein und die Wahrscheinlichkeit externer Investitionen steigen. Teileigentümerschaften können hier dazu beitragen, die Anreizstruktur für eine synergetische Landdoppelnutzung zu erhalten. Je größer der Anteil von Fremdkapital, desto schwieriger wird es jedoch im laufenden Betrieb den Nutzen beider Produktionsebenen im Blick zu behalten. Für dieses Geschäftsmodell sprechen hingegen Skalierungsmöglichkeiten sowie mögliche Optimierungen durch eine höhere Arbeitsteilung.


Referenzen

Trommsdorff et at. (2022). Agri-Photovoltaik - Ein Leitfaden für Deutschland. Fraunhofer ISE

Schindele et al. (2020). Implementation of agrophotovoltaics: Techno-economic analysis of the price-performance ratio and its policy implications. Applied Energy

Für eine wirtschaftliche Umsetzung von Agri-PV sind folgende Faktoren von Vorteil:

  • Guter Netzanschluss bezüglich Nähe und Kapazität
  • Reihenbewirtschaftung
  • Dauerkulturen
  • Geschützter Anbau (z. B. Hagelschutznetze, Folientunnel, Unterglasanbau)
  • Geringer Maschineneinsatz und/oder niedrige Durchfahrtshöhe
  • Große, zusammenhängende Fläche (>1 Hektar)
  • Geringe Hangneigung
  • Hoher und flexibler Eigenverbrauch (zum Beispiel Kühlung, Trocknung, Verarbeitung)
  • Investitionsbereitschaft und Eigenkapital

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© Fraunhofer ISE